Der Kurs »Grundlagen des Schriftentwurfs: Lettering & Typedesign« unterteilt sich in eine Workshopphase und eine Projektphase. In den ersten sechs Wochen sammeln die Teilnehmerinnen Werkzeugerfahrung und lernen die grundlegenden kalligrafischen Modelle kennen. In den verbleibenden sechs Wochen definieren die Studierenden ein erstes eigenes Schriftgestaltungsprojekt, das sie Schritt für Schritt entwickeln. In sechs Vorlesungen werden den Teilnehmern zudem praktische und schriftgeschichtliche Kentnisse vermittelt.
Übung 1: Monolineare Züge mit Buchenholz-Rundstäbchen
In der Nachfolge von Rudolf von Larisch beginnt der Kurs mit einem eher unkonventionellen Schreibwerkzeug in Form eines Holzstäbchens, mit dem monolineare Striche gezogen werden können. Es geht hier noch weniger um die definierte Form der Zeichen, sondern um die Schulung des Auges für einen gleichmäßigen Rhythmus von Schwarz und Weiß.
Übung 2: Digitalisierung mit Illustrator und Glyphs
Die Ergebnisse der ersten Übung werden im Kurs gemeinsam ausgewertet. Es wird besprochen, nach welchen Kriterien Zeichen ausgewählt werden sollten, um aus ihnen einen Font zu kompilieren. Einzelzeichen werden eingescannt und am Computer weiterbearbeitet : Kontrast und Retusche in Photoshop, Abpausen in Illustrator, Fügen zu einem Font in Glyphs inklusive Spationierung ( Metrics ). Die Ergebnisse dieser Übung werden in Form von Alphabetübersichten und Text-Samples präsentiert.
Übung 3: Translationskontrast, Breitfeder
In der dritten Übung studieren die Teilnehmerinnen den Translationskontrast der breiten Werkzeugspitze, parallel in großem Maßstab mit einem Balsahölzchen oder einem Pinsel und in kleinem Maßstab mit handelsüblichen Stahlfedern. Eine Schreibvorlage von Frank E. Blokland in Noordzij’scher Tradition ( Humanistische Minuskel ) ist Pflicht, aus weiteren Vorlagen für Breitfeder können die Studierenden frei wählen.
Übung 4: »Tag auf Klo«, analoges Schriftzeichnen
Die Studenten sollten ein »Tag«, ein Graffito auf den Toiletten der Hochschule suchen, in dem sie das Potenzial für eine schriftgestalterische Weiterentwicklung sehen. Bei der Besprechung der Fundstücke wird diskutiert, welche Tags sich eher für die Ableitung eines typografischen Alphabets eignen und welche eher für die Entwicklung eines Lettering-Wortbildes. Im Folgenden entwickeln die Studierenden ihre Schriftzeichnungen in analoger Technik mit Transparentpapier, Bleistift, schwarzem Filzer und Tippex.
Übung 5: Expansionskontrast, Spitzfeder
Als letztes Schreibwerkzeug wird die Spitzfeder vorgestellt und anhand einer Vorlage von Erik van Blokland ausprobiert.
Übung 6: Digitales Schriftzeichnen
Die Ergebnisse der Übung 4 werden eingescannt und dienen als Vorlage für das digitale Zeichnen von Schrift im Programm Glyphs. Dabei entsteht je nach Vorlage ein digitales Lettering oder ein weiterer rudimentärer Font.
Skizzenbuch: Nulla dies sine linea
Während des gesamten Semesters führen die Teilnehmer ein Skizzenbuch, dem sie täglich eine kleine Zeichnung, eine Fingerübung, eine Idee, eine Inspiration etc. hinzufügen.
Freies Schriftgestaltungs-Projekt
Im zweiten Teil des Kurses wählen sich die Studierenden selbst ein Schriftentwurfsprojekt. Dabei sind sie grundsätzlich frei, ob sie ein kalligrafisches, ein typografisches oder ein Letteringprojekt machen wollten. In dem Projekt muss Schrift die Hauptrolle spielen. Es soll seiner Anlage nach das Potenzial haben, dass sich die Entwicklung des Entwurfs an den Maßstäben der gedachten Anwendung überprüfen lässt.